Byzantinische Geschichte galt den Historikern bis zum 19. Jahrhundert vorwiegend als »langdauernder Zerfallsprozess einer großen klassischen Vergangenheit«. Unter neuen Kategorien historischen Verstehens aber ist Byzanz als ein eigenständiges historisches Gesamtphänomen ins Blickfeld getreten. Seine fast tausendjährige Geschichte wirft Fragen nach Eigenart, historischer Rolle und nach den besonderen Faktoren auf, die dieses Reich so lange lebens- und widerstandsfähig erhielten. Der Heruasgeber, Prof. F. G. Maier, zeigt in seiner Einleitung diese geographischen, ökonomischen und sozialen wie auch die kulturellen und religiösen Faktoren auf, er macht Strukturen sichtbar, die das Reich durch die Jahrhunderte seines Bestehens zugleich stbail und anpassungsfähig erhielten. In seiner jahrhundertelangen Abwehr gegen den vordringenden Islam, als Hüter griechischer Kultur und als Vermittler zwischen Abendland und Orient erfüllte Byzanz eine Funktion, die uns das immer noch ein wenig fremdartig wirkende Vielvölkerreich im Gesamtrahmen der europäischen Geschichte naherückt. Deutlich wird auch, dass die byzantinische Kultur zu schöpferischen Leistungen fähig war, die tief auf die mittelalterliche Welt, zumal auf die Balkanländer und Russland, eingewirkt haben. Die Darstellung des geschichtlichen Ablaufs durch den Herausgeber und die anderen Autoren des Bandes belegt diese Thesen im einzelnen. Dr. Judith Herrin verfasste das Kapitel über den Bilderstreit; dr. H. J. Härtel bearbeitete die Frage der Beziehungen von Byzanz zu den Slawen; von Dr. W. Hecht stammen die Kapitel ›Die Makedonische Renaissance‹ und ›Das Zeitalter der Komnenen‹; das Kapitel über den Vierten Kreizzug schrieb Hermann Beckedorf; den Niedergang von Byzanz schließlich stellte Prof. D. M. Nicol dar. – Der Band ist in sich abgeschlosesn und mit Abbildungen, Kartenskizzen, Herrschertafeln und einem Literaturverzeichnis ausgestattet. Ein Personen- und Sachregister erleichtern dem Leser die rasche Orientierung.
Autoren: Hermann Beckedorf, Hans-Joachim Härtel, Winfried Hecht, Judith Herrin, Diana Lutz, Franz Georg Maier, Donald MacGillivray Nicol
Verlag: Weltbild
Lizenzausgabe, 2000
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